Kranke Gartentiere?

Obwohl ich seit einiger Zeit unseren Kleingarten leider alleine bewirtschaften
muss, werde ich nach wie vor von unserem Garten sprechen.
Marlis und ich haben gemeinsam ein gutes Drittel eines Menschenlebens
ehrenamtlich mit erkrankten Menschen zu tun gehabt. In diesen Zeiten haben
wir natürlich eine Menge erlebt.
Es finden sich aber auch in unserem Garten manchmal fragwürdige Dinge an,
die mich immer wieder in Erstaunen versetzten.
Mein lieber Nachbar Udo und ich sitzen manchmal bei einer Pause in seinem
Garten und erzählen uns was. Dabei habe ich die sich in der Nähe befindende
Verbindungstür zu unseren beiden Gärten im Blick. Es kommt während unserer
Pause mehrfach vor, dass eine kleine Maus von links nach rechts die offene Tür
passiert. Auf Mitte bleibt sie kurz stehen und läuft dann weiter. Wir haben
lange überlegt, was dieses Verhalten zu bedeuten hat. Wir sind zu dem Schluss
gekommen, dass es sich hier nur um einen klassischen Fall von der sog.
Schaufensterkrankheit handeln kann. Die Mediziner nennen es auch periphere
arterielle Verschlusskrankheit, kurz pAVK. Falls die Frage aufkommen sollte:
Macht die Maus das auch, wenn sie von rechts nach links läuft? Die Antwort
lautet: Ja!
Früher bewohnte ein Grasfrosch jahrelang das Teichufer. Er saß den ganzen
lieben langen Tag in einer alten Tonröhre und schnappte alles was vorbeiflog
oder krabbelte weg. Dabei störte ihn sein Handicap überhaupt nicht. Er hatte
nämlich nur ein Auge!
Die kürzlich beobachtete Holzbiene gehört natürlich auch zu den
beeinträchtigten Gartentieren. Man kann eigentlich nur zu dem Ergebnis
kommen, dass sie unter beginnender Demenz leidet. Normal ist es bestimmt
nicht, wenn sich die dicke Holzbiene die Dachrinne vom Pavillon anschaut,
einmal um den Pavillon herumfliegt und sich die Dachrinne wieder intensiv
betrachtet. Und das alles 5 bis 6 Mal hintereinander. Und jeden Tag wieder
neu!
Der Höhepunkt war aber vor ein paar Tagen!
Es schüttete wie aus Eimern. Ich wollte zum Nachbarn Udo, schnappte mir
einen alten Regenschirm und wollte gerade los. Es kam mir ziemlich eilig ein
dicker Teichfrosch entgegengehüpft. Er verharrte vor der verschlossenen
Haustür und sprang mit voller Wucht dagegen. Immer wieder nahm er einen
Anlauf und sprang gegen die Tür. Nachdem ich ihn mit Mühe unter dem
Vordach weggeschubst hatte, verkroch er sich unter der Holzverkleidung des
Schuppens. Könnte es sich hier um eine Hydrophobie handeln? Zur Erklärung:
Der Volksmund nennt es auch Wasserscheuheit.
Ich könnte mir vorstellen, dass eine diagnostizierte Hydrophobie bei
Teichfröschen unter Medizinern sämtliche Antennen hochfahren lässt!
Zum Schluss kann ich noch von einem uneinsichtigen, vielleicht auch
lernunwilligen Kartoffelkäfer berichten.
Wie jeder weiß, haben Kartoffelkäfer Flügeldecken in den Farben braun und
hellbeige. Diese Farbkombination eignet sich absolut nicht dazu, sich
unentdeckt auf knackig grünen Kartoffelblättern aufzuhalten. Zum Überfluss
leuchten seine kleinen Larvenkinder im Frühstadium hellorange und später rot
mit schwarzen Punkten.
Wie die interessierte WIKIPEDIA- Fangemeinde weiß, legen die Kartoffelkäfer,
seit sie vor etwa 150 Jahren Europa erreicht haben, dieses ignorante Verhalten
an den Tag. In den vielen Jahrzehnten haben sie nicht gelernt, ihr gestreiftes
Äußere gegen Kartoffelblattgrün umzutauschen!
Mir fällt nur ein Begriff dazu ein: Altersstarrsinn!
Das war ein kleiner Einblick in die Krankenakten aus unserem Garten. Sollte ich
in nächster Zeit weitere Beobachtungen dieser Art machen, könnte es sein,
dass ich unseren Garten in „Gartencharitè“ umbenenne.